Versteckte Studie, unbequeme Wahrheit

Bis 2020 könnten mindestens 40 Prozent des deutschen Stroms aus
erneuerbaren Energien stammen. Das zeigt eine Studie des
Wirtschaftsministeriums vom Sommer 2010. Veröffentlicht wurde sie
klammheimlich Mitte Februar.

Im Wirtschaftsministerium hatte man sich wohl auf die Studie gefreut.
Der Arbeitsauftrag lautete zu untersuchen, wie schnell sich der Ausbau
der erneuerbaren Energien vorantreiben lässt, ohne gravierende Probleme
zu verursachen. Den Zuschlag erhielten die beiden Institute Consentec
und r2b Energy Consulting, die als kompetent und politisch neutral gelten.

Vermutlich erhoffte sich Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), dass
die Antwort negativ für die Erneuerbaren ausfallen würde. Als aber die
fachlich aufwändige 277-Seiten-Untersuchung im Juni 2010 vorlag, war das
Gegenteil war der Fall.

Die Studie mit dem sperrigen Titel „Voraussetzungen einer optimalen
Integration erneuerbarer Energien in das Stromversorgungssystem“
(Download siehe unten) kommt zum Schluss, dass sich bis 2020 etwa 40
Prozent des Stroms in Deutschland ohne gravierende Probleme mit
Öko-Strom-Kraftwerken erzeugen lassen – sogar, wenn gleichzeitig die
Kernkraftwerke entsprechend des alten Atomausstiegs nach und nach
abgeschaltet werden. Die Bundesregierung geht von mindestens 30 Prozent
Öko-Strom-Anteil im Jahr 2020 aus, im Energiekonzept vom Herbst werden
rund 35 Prozent veranschlagt.

Grün geht auch günstig: Brüderle dürfte diese Botschaft überhaupt nicht
gefallen haben. Prinzipiell ist er, was den Ausbau der Erneuerbaren
angeht, skeptisch und warnt vor hohen Kosten für Verbraucher und
Industrie. Im Sommer 2010 focht er zudem den Streit über die
Laufzeitverlängerung mit dem Umweltministerium aus. Brüderle setzte sich
durch – auch mit dem Argument, es brauche eine technologische Brücke,
bis Erneuerbare die Lücken füllen könnten.

Im Giftschrank verschwunden

Also verschwand die unbequeme Studie in der Schublade. Obwohl sie seit
Juni vorliegt, wurde sie vom Ministerium erst am 14. Februar auf der
Webseite veröffentlicht – so gut versteckt, dass sie bislang von der
Öffentlichkeit überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wurde. Beim
Ministerium hieß es, die Studie sei „nach endgültigem Abschluss der
internen Auswertung“ des Ministeriums ins Netz gestellt worden.

Ein detaillierter Blick in die Ergebnisse zeigt, dass sich viele
Schreckensszenarien nicht aufrechterhalten lassen, solange der Ausbau
der Öko-Energie bis 2020 lediglich rasch, aber nicht blitzartig
vonstattengeht. So heißt es in dem Papier, die Analyse zeige, „dass die
Auswirkungen eines EE-Anteils von bis zu 40 Prozent für den
konventionellen Kraftwerkspark technisch realisierbar und wirtschaftlich
vertretbar sind“. Auch beim Stromnetz werden die Verwerfungen als gering
angesehen. Während Brüderle derzeit ständig wiederholt, dass 3600
Kilometer neue Höchstspannungsleitungen nötig seien, veranschlagen die
Autoren der Studie bei einem Öko-Strom-Anteil von mehr als 40 Prozent
lediglich 250 Kilometer neue Trassen.

„Wie wir wurden, was wir nicht werden sollten“


Ausstellung über Frauen im Aufbruch zu Amt und Würden

Münster (lwl). Die Lebenswege von 26 Frauen im Aufbruch zu Amt und Würden stehen im Mittelpunkt einer Ausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), die am Mittwoch (6. April) im LWL-Landeshaus in Münster eröffnet wurde.

 

„Sie sehen doch gut aus. Sie werden in ein, zwei Jahren verheiratet sein. Wozu wollen Sie denn einen Beruf haben?“ Solche Kommentare hörte die spätere Detmolder Richterin Annette Schücking-Homeyer oft, als sie in den 1950er Jahren versuchte, als Juristin beruflich Fuß zu fassen. Unter dem Titel „Wie wir wurden, was wir nicht werden sollten “ zeichnet das LWL-Institut für Regionalgeschichte bis zum 18. April den hürdenreichen Weg von Frauen wie Annette Schücking-Homeyer zu beruflichem Erfolg nach.

Die Lebenswege zeigen modellhaft den langsamen Wandel von Mentalitäten und Möglichkeiten. Die Ausstellung präsentiert von der LWL-Gleichstellungsstelle aus Anlass ihrer Gründung vor 25 Jahren, entstand in Kooperation mit dem LWL-Industriemuseum Zeche Zollern und dem LWL-Museumsamt für Westfalen.

Vor über hundert Jahren, im Wintersemester 1908/09 durften Frauen erstmals in Preußen regulär studieren. Zehn Jahre später erhielten sie das aktive und passive Wahlrecht und übten es 1919 erstmals aus. 1949 schrieb das Grundgesetz die Gleichberechtigung beider Geschlechter fest. „Damit erfolgten bedeutsame Weichenstellungen im Verhältnis von Frauen und Männern. Doch tatsächlich war der Weg von Frauen in politische Ämter und akademische Positionen beschwerlich und hürdenreich“, so die Historikerin Dr. Julia Paulus, die die Ausstellung konzipiert hat.

Hintergrund
Chancen, Hürden, Umwege

Preußen gehört in Europa zu den Schlusslichtern, als Frauen 1908 das Recht zum akademischen Studium erhalten. Nun stehen ihnen theoretisch alle Laufbahnen offen. Unabhängig von Ehemann oder Familie können sie aus eigener Kraft gehobenen Lebensstandard und gesellschaftliche Anerkennung erreichen. Auch nach der erstmaligen Zulassung zu Wahlurnen und politischen Mandaten im Jahre 1918 ist der Weg für Frauen bis weit in die Nachkriegszeit in öffentliche Ämter, Wirtschaft und freie Berufe beengt durch rechtliche Einschränkungen, restriktives Frauenbild und finanzielle Hürden. Julia Paulus: „Es brauchte drei Generationen, bis man von annähernd gleichen Rechten für Frauen und Männer sprechen kann.“

Not, Krise, Schicksalsschläge
Individuelle Schicksalsschläge können jederzeit eine akademische Ausbildung beenden. Auch die politischen Zäsuren der ersten Jahrhunderthälfte führten zum massenhaften Studienabbruch junger Frauen unabhängig von ihrer Befähigung. Hyperinflation (1923) und Weltwirtschaftskrise (1932) entzogen vielen Familien die finanzielle Grundlage. Vor allem junge Frauen mussten beruflich umsatteln. Im Mittelpunkt der familiären Förderung stand die Unterstützung des Ehemannes oder Sohnes. Ähnliche Entwicklungen erlebten die wenigen Politikerinnen. Hier war es vor allem der Nationalsozialismus, der Frauen jegliche politischen Partizipationsmöglichkeiten versagte. Doch auch in der Bundesrepublik dauerte es noch bis in die 1980er Jahre, bis Frauen mit annähernd 30 Prozent in den Parlamenten vertreten waren.

Examen, Ehe, Ehrenamt
Das Frauenstudium stellte die traditionellen Leitbilder von Männern und Frauen in Frage. Konservative begegneten der akademisch gebildeten Frau zunächst mit Skepsis, schätzen sie aber bald als Partnerin auf Augenhöhe. Ehen zwischen der „studierten Tochter aus gutem Hause“ und dem bereits etablierten Akademiker kommen in Mode. Die examinierte Ehefrau stützt die beruflichen Ziele des Mannes, ¬repräsentiert souverän, fördert die Bildung der Kinder und engagiert sich ehrenamtlich. Das neue Leitbild setzt sich im Bürgertum seit den späten 1920ern durch. Ehe und Mutterschaft sind für die meisten Studentinnen vorrangiges Lebensziel. Die akademische Qualifikation dient vielen nur als Faustpfand für Notlagen. Die Vereinbarkeit von Ehe und Beruf bleibt ein Zukunftsthema.

In Amt und Würden
Der Weg zum Beruf als Akademikerin wie auch zur Politikerin ist steinig. Finanzieller Rückhalt, hervorragende Leistungen und Netzwerke sind unabdingbare Voraussetzungen für den Einstieg. Die frühen Akademikerinnen entstammen gutsituierten Familien, fast immer ist der Vater selbst Akademiker. Oft gibt er den Impuls zum Studium. Aber auch Männermangel und wirtschaftlicher Druck führen zu neuen Rollenvorstellungen. Leitbild wird nun die junge Frau, die »standesgemäß« für sich selbst sorgen kann. Dieser Weg steht seit Mitte der 1950er auch Frauen aus anderen Milieus offen. Langsam bessern sich Schulangebot und finanzielle Förderung. Die mentalen Hürden aber halten sich lange: Ein Studium der Tochter gilt als verlorene Investition. Besonders schwierig ist die Situation des »katholischen Mädchens vom Lande«. Viele junge Frauen müssen sich ihren Weg gegen ihre Familie freikämpfen.

„Wie wir wurden, was wir nicht werden sollten“
Frauen im Aufbruch zu Amt und Würden
6. April bis 18. April 2011,

Internetpräsenz zu Annette von Drost-Hülshoff überarbeitet

Das LWL-Droste-Portal im neuen Gewand
LWL-Literaturkommission hat Internetpräsenz zu Annette von Drost-Hülshoff überarbeitet

Seit Mitte März präsentiert sich das Internet-Droste-Portal der LWL-Literaturkommission im neugestalteten Design. Unter der Adresse http://www.droste-portal.lwl.org kann man neben den bewährten Inhalten auch Neues entdecken.

Die letzte Überarbeitung des „alten“ Droste-Portals ging auf das Jahr 2006 zurück. In den vergangenen Monaten hat die LWL-Literaturkommission die Website umfassend aktualisiert. „Eine Anpassung war überfällig“, sagt Stephanie Bretz, Online-Redakteurin der Droste-Forschung der LWL-Literaturkommission für Westfalen. „Nutzer können sich nun viel leichter auf der Seite zurechtfinden, Inhalte sind besser zu erschließen, und das Ganze macht mit dem multimedialen Angebot einfach viel mehr Spaß.“

Das neue Droste-Portal macht die ausführlichen Informationen über die Autorin, die 1797 in Münster geboren wurde und 1848 am Bodensee starb, übersichtlich zugänglich. „Die klare Strukturierung der Seite lädt ein, zwischen den verschiedenen Kapiteln im Leben der Droste, der umfangreichen Online-Edition des Werkes und der Vorstellung der verschiedenen Droste-Museen hin- und herzuspringen“, so Bretz. Von der „Jugendkatastrophe“ über den „Knaben im Moor“ bis zu den aktuellen Öffnungszeiten von Burg Hülshoff – Interessierte können die vielen Facetten der Autorin entdecken, ohne sich in den Wirren des Droste-Universums zu verlieren. Die Einbindung von multimedialen Angeboten sowie die veränderten Darstellungsmöglichkeiten für bewährte Inhalte – zum Beispiel in der neugestalteten Bildergalerie – machen es möglich, Leben, Werk und Wirkung der Droste noch einmal anders zu entdecken.

Das LWL-Droste-Portal sieht sich als Anlaufstelle und Knotenpunkt für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Autorin: Im „Forum Droste-Forschung“ bietet sich die Möglichkeit, eigene Forschungsprojekte wie Dissertationen, Publikationen oder Tagungen bekannt zu geben. „Das neue Droste-Portal soll noch stärker als zuvor vom Input seiner Nutzer leben und profitieren. Dazu werden weitere Bausteine folgen“, erklärt Initiator Dr. Jochen Grywatsch, Leiter der Droste-Forschungsstelle der LWL-Literaturkommission für Westfalen. „Die Umstellung des Droste-Portals war zwar mit einem hohen Aufwand, aber zugleich auch mit einer großen Chance verbunden, die Droste für das Internet von heute zugänglich zu machen. Ich bin überzeugt, dass uns dies richtig gut gelungen ist“, resümiert Grywatsch. Zahlreiche Aktionen, bei denen sich die Besucher aktiv in die Gestaltung der Seite mit einbringen können, sind für die nächste Zeit geplant.

LWL-Literaturkommission für Westfalen
Droste-Forschungsstelle

Diskussion um kirchliches Arbeitsrecht ist notwendig

In einer Kleinen Anfrage wollten die Grünen die Haltung der Bunderegierung zu der Dynamik und den gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen kirchlichen Arbeitgebern auf der einen und Gewerkschaften auf der anderen Seite in Erfahrung bringen. Die Bundesregierung hat sich in ihren Antworten bedeckt gehalten und sieht keinen Diskussions- und Handlungsbedarf. Sie überlässt – wie auch in anderen Feldern – die Entscheidung den Gerichten und scheut die öffentliche Debatte.

Die kirchlichen Träger im Bereich  der sozialen Dienstleistungen zählen zu den größten Arbeitgebern in Deutschland. Sie nehmen öffentliche Aufgaben wahr und betreiben Pflege-, Kinderheime, Krankenhäuser sowie Kindergärten. Der Staat finanziert einen Großteil der Aufgaben aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Kirchen haben eine verfassungsrechtliche Sonderstellung. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht umfasst auch den Bereich der Arbeitsbeziehungen, d.h.  für kirchliche Einrichtungen gilt nicht das Betriebsverfassungsgesetz. Es wurden eigene Formen der Mitarbeitervertretungen und der Lohnfindung entwickelt.

Die Gewerkschaft ver.di argumentiert aber, dass diakonische Arbeitgeber auf dem gleichen Markt wie normale Unternehmen agieren. Gewerkschaft und vermehrt auch kirchliche Beschäftigte klagen über Lohndruck und Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen. Ein Problem ist, dass die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen nicht für bessere Arbeitsbedingungen und Entgelte streiken dürfen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Mittlerweile beschäftigt die Frage nach dem Streikrecht auch die Gerichte. Zuletzt hatte das Arbeitsgericht Hamburg Streiks beim Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg mit Rekurs auf die verfassungsmäßigen Rechte der Beschäftigten für rechtens erklärt. Bereits im Januar waren mehrere diakonische Einrichtungen vor dem Landesarbeitsgericht Hamm mit dem Versuch gescheitert, ver.di den Aufruf zu Streiks in Diakonie-Betrieben zu untersagen.

In der Kleinen Anfrage stellt die Bundesregierung lediglich fest, dass das Arbeitsrecht „im Licht des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechts der Kirchen auszulegen“ sei. Die Frage, ob das fehlende Streikrecht noch zeitgemäß sei, blieb unbeantwortet.

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