„Mit einer solch großen Zustimmung und Unterstützung auf breiter Ebene haben wir zu
Beginn unseres Projekts nicht gerechnet“, sagt Karl Jasper, Vorstandsvorsitzender der
Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur. Aber anscheinend haben wir
bisher alles richtig gemacht, indem wir auf Netzwerkarbeit und vor allem auf
gemeinschaftliches Denken und Handeln im Ruhrgebiet gesetzt haben. Nun geht es
darum, auch die Öffentlichkeit für unser Projekt zu begeistern.“ Über ein Jahr lang hat die
Stiftung mehrere Workshops mit Fachleuten aus der Wissenschaft, der Wirtschaft, der
Denkmalpflege und der Verwaltung durchgeführt, um die Welterbepotenziale im
Ruhrgebiet herauszuarbeiten. Vertreten waren das Ministeriums für Wirtschaft, Energie,
Bauen und Wohnen und Verkehr des Landes NRW, der Regionalverband Ruhr, die
beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, die Stiftung Zollverein, die
Emschergenossenschaft, das Deutsche Bergbaumuseum, die RAG und die RAG Montan
Immobilien, der Geologische Dienst NRW, verschiedene Hochschulvertreter und weitere
freie Experten. Das Ergebnis ist nun in einem dreiseitigen Papier niedergeschrieben und
als Vorschlag im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens des Landes NRW zur
Fortschreibung der deutschen Anmeldeliste für das UNESCO-Welterbe eingereicht. Die
getroffene Objektauswahl hat einen explizit vorläufigen Charakter; das Papier gilt aber
bereits als Leitbild für die erwünschte spätere Bewerbung beim UNESCO Welterbe-
Komitee.
Wolf-Daniel Gröne-Holmer, LWL-Kulturabteilung:
„Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe begrüßt ausdrücklich das Vorhaben, das
Welterbe Zollverein um ausgewählte Standorte der Montanindustrie zu erweitern. Mit fünf
repräsentativen Industriedenkmalen, die Standorte seines LWL-Industriemuseums sind,
trägt der LWL zu dieser Bewerbung bei: dem Alten Schiffshebewerk Henrichenburg in
Waltrop (Kreis Recklinghausen), der Zeche Hannover in Bochum, der Zeche Zollern in
Dortmund, der Zeche Nachtigall in Witten und der Henrichshütte Hattingen (beide
Ennepe-Ruhr-Kreis).“
Objektbeschreibungen: Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet
Zeche Zollern II/IV, Dortmund-Bövinghausen.
Das Ensemble der Zeche Zollern II/IV in Dortmund-Bövinghausen stellt mit seinem umfangreich
erhaltenen Baubestand den besonders repräsentativen Typ eines „aus einem Guss“ errichteten
Bergwerks zu Beginn des 20. Jahrhunderts dar. Zeitgleich wurde eine gartenstadtartige Kolonie
(„Landwehr“) vor den Toren der Zeche errichtet, die ebenfalls fast vollständig erhalten ist.
Während ein Großteil der Gebäude im vorderen und hinteren Bereich der Anlage (Verwaltung,
Waschkaue, Magazin, Werkstätten, Ammoniakfabrik, Torhäuser) in einer zeittypischen,
historisierenden Stilmischung aus Backstein-Neogotik und -Romanik errichtet wurde, ist an der
großzügig verglasten Stahlfachwerk-Konstruktion (Hersteller GHH) der zentralen Maschinenhalle
mit ihrem aufwändig gestalteten Portal der Umbruch zum modernen Industriebau auch bei
repräsentativen Bauwerken abzulesen. Als Musterzeche wurde die Anlage anhand eines
großmaßstäblichen Modells auf der Lütticher Weltausstellung 1905 vorgestellt.
Eine Besonderheit in der architektonisch mit Elementen des Jugendstils hochwertig gestalteten
Maschinenhalle ist der erhaltene Bestand an Maschinen der Errichtungszeit, darunter die erste
große elektrische Fördermaschine an einem Hauptschacht des Steinkohlenbergbaus. Zum ersten
Mal wurde hier im Steinkohlenbergbau „in einer einzigen großen elektrische Zentrale eine
Kraftquelle geschaffen, aus der alle Betriebsmaschinen gespeist werden“ (Randebrock, in:
Glückauf, 1905).
Mit der Bewahrung der Maschinenhalle vor dem drohenden Abriss (1969) etablierte sich auch auf
dem europäischen Kontinent eine Bewegung, großmaßstäbliche Industriebauten zu erhalten und
neuen Nutzungen zuzuführen. Die Zeche Zollern gilt deshalb als Pionierstätte der Industriekultur
und ist Zentrale des 1979 gegründeten LWL-Industriemuseums.