Redebeitrag Fritz Dechert, Bürgerliste WIR für Marl im Stadtrat
21. Investitionsvorhaben des Unternehmens SARIA zur Schaffung von bis zu
270 Arbeitsplätzen mit einem Investitionsvolumen von rd. 54 Mio. Euro;
Schaffung des erforderlichen Planungsrechts (Vorlagen-Nr. 2012/0410)
Herr Dechert führt aus (Es gilt das gesprochene Wort):
„Der Bürgermeister fordert in dieser Vorlage die hier anwesenden, von den Einwohnern
unserer Stadt vor drei Jahren gewählten Vertreter im Rat auf, ihn und seinen Beschlussvorschlag
zu unterstützen.
Dieser lautet wie folgt:
„Die Stadt Marl begrüßt die Absicht des Unternehmens SARIA,
am Standort Marl in weitere Produktionszweige zu investieren.“
Diesem Wunsch wird die Bürgerliste, die sich WiR für Marl nennt, nicht im Ansatz folgen
und wir sagen ihnen auch warum. Tausende Marler Bürger mit persönlichen Rethmann
Erfahrungen lehnen die Aussicht auf eine Vergrößerung des Standortes ab.
Und über 1.000 Bürger sind in einer für Marl einmaligen Demonstration – vor über 20
Jahren – auf die Straße gegangen, haben ihre Wut gezeigt, haben demonstriert. – Nur
die Wählergemeinschaft Die Grünen waren segeln in Holland, das war viel wichtiger.
Das muss man leider sagen, Frau Kühnhenrich, wenn sie so nette Anträge stellen. Normalerweise
hätte ich mir das gerne erspart. –
Somit, Herr Bürgermeister, ist der erste Satz ihres Textes, eine wissentliche Halbwahrheit.
Denn leider haben sie auf ihrer Mittelstraße im Beisen die hohe Qualität und Zuverlässigkeit
rethmannscher Arbeit und Präzision nicht kennenlernen dürfen.
Laut ihrer Sitzungsvorlage, Herr Bürgermeister, übernahm 1977 die Rethmann-Gruppe
die „Fleischmehl- und chemische Fabrik Gebr. Schaap KG“.
Auch hier, Herr Bürgermeister, sind ihre schmeichlerischen Angaben nachlässig ermittelt
und schon wieder falsch.
1. Die Rethmann-Gruppe, wie Sie es zu bezeichnen pflegen, die Rethmann-Gruppe
gab es zu dem Zeitpunkt noch lange nicht.
2. Und die letzte den Standort Tierkörperbeseitigungsanstalt betreibende juristische
Person hieß bis 1980 Gebrüder Schaap KG. Daher ist die von ihnen genannte
Jahreszahl 1977 falsch.
In einem vorliegenden Schreiben des Herrn Oberkreisdirektors ist festgehalten:
„Die Firma wurde im Jahre 1981 geändert in Rethmann TBA KG.“
Später schied jedoch der persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft,
der Komplementär Norbert Rethmann, aus der KG aus.
Die gesetzliche Verpflichtung mit seinem ganzen Vermögen persönlich zu haften, wurde
dem als knochenhart bekannten Kaufmann Norbert Rethmann möglicherweise zu gewagt,
zu riskant. Die Firma wurde dann geändert in Rethmann TBA GmbH & Co. KG.
Was aber nicht geändert wurde, war der die Bürger im Riegefeld, in Alt-Marl,
Polsum, Brassert und Drewer übel quälende, ekelerregende Gestank.
Und vor diesem Gestank mussten die Belästigten häufig in ihre Wohnräume fliehen.
Und bei dieser sauberen Höchstleistung war die TBA Rethmann nicht eine Nase besser
als die Tierkörperbeseitigung der Gebrüder Schaap.
Im Jahr 1986 wurde ein weiterer Meilenstein zum Aufbau des Imperiums des heutigen
Multi-Milliardärs Rethmann gesetzt.
Die Behörden genehmigten mit ungenügendem Fachwissen, mangelndem Sachverstand
und ohne die erforderliche Erfahrung das Sondermüllzwischenlager.
Marler Bürger wurden zu lebenden Versuchskaninchen, für ein Experiment zur Gewinnung
von Wissen und der Anhäufung von vielen, viel zu vielen Millionen deutsche Mark
für den Boss der Bosse genutzt.
Und dieses Giftlager brachte den glühenden Beweis für die Unzuverlässigkeit der Unternehmungen
Rethmann. Frentrop wurde Standort einer Sensation.
Kurz vor der Kommunalwahl Ende 1989 verteilte die SPD noch – im Kampf um jede
Stimme – Hochglanzbroschüren mit Lobeshymnen über die Qualität des Müllentsorgers
in Frentrop. Die Versprechen der SPD waren das Papier nicht wert, auf dem sie standen.
Wenige Tage nach der Wahl: Am 25. Oktober 1989, der neue Betrieb war gerade erst
drei Jahre alt, vor 23 Jahren also, explodierte nachts gegen 01.45 Uhr das mit 3.600
Tonnen giftigem Sondermüll prall gefüllte Zwischenlager Rethmann in einem Großbrand.
Laut Angaben des Regierungspräsidenten begann der Löscheinsatz der Feuerwehr
schon 45 Minuten später.
Der drei Kilometer lange Weg von der Hauptwache an der Herzlia-Alle bis hin zur Rennbachstraße
schaffte man in unvorstellbaren 45 Minuten.
Wie gesagt: lediglich 45 Minuten brauchte man für die 3 KM lange Wegstrecke.
45 Minuten ist viel zu lange werden sie denken.
Sind etwa die automatischen Löscheinrichtungen ausgefallen?
Nein, sie werden es nicht glauben: Automatische Löschanlagen waren für dieses
leicht brennbare Giftmülllager nicht vorgeschrieben. Und daher vom sparsamen Herrn
Rethmann, dem heutigen Ehrenboss der Bosse, auch nicht angelegt worden.
Nicht nur die Verwaltungen, vermutlich auch der damalige Branchenneuling Rethmann
wurden überrascht, hatten sie dieses Lager vorher doch als harmlos bewertet.
Giftwolken durchzogen Marl und die ersten Gifte erreichten Haltern bevor die Feuerwehr
in Frentrop mit der Löschung begann.
Sechs Tage und Nächte benötigten die Feuerwehren, unter ihnen die speziell geschulten
Katastrophenbekämpfer der CWH, diesen hochgiftigen, bis zu 60 Meter hohen Brand zu
löschen. Ich wiederhole sechs Tage und Nächte krachte, knallte, loderte es bis zu 60
Meter hoch. Kunststoffasern, Asche, Dioxine, Furane, Quecksilber und anderes, rund
3600 Tonnen brannten hoch und regneten dann vom Himmel, fielen in die Stadt nieder.
In meinem Garten, circa 2 Km entfernt, fand ich DIN A 4 große Stücke.
Der Bürgermeister behauptet heute: dann wurde alles besser. Nein, Herr Bürgermeister,
schon wieder eine falsche Behauptung. Denn danach wurde dort weiterhin schlampig
gearbeitet, denn es brannte bei Rethmann immer wieder. Sogar noch ganze drei Jahre
später, nämlich 1992, gab es dort mindestens zwei weitere Brände. Die mündigen Bürger
hatten die Schnauze voll und ihr Vertrauen in die Versprechungen der Behörden
und der Politik, insbesondere der SPD, verloren.
In einer beeindruckenden Demonstration mit über tausend Teilnehmern zeigten Bürger
ihre Wut.
Jahrelang wurde danach der Giftmüll unter freiem Himmel gelagert, eine Halle wurde
nicht errichtet. Anfallende Zinsen und Zinseszinsen wurden von Rethmann clever unter
den Augen der Behörden vermieden.
Vermutlich hatte Herr Rethmann großen Kapitalbedarf in der Ex-DDR.
Denn dort soll er heute der Riese unter den Müllentsorgern sein.
Eine wissentliche Fehlinformation ist die folgende Behauptung des Bürgermeisters in
der vorliegenden Beschlussvorlage. Ich zitiere:
Mit umfangreichen Investitionsmaßnahmen in den Bereichen
Abluft- und Abwasserreinigung, Altlastensanierung, Sicherheit und Produktionsablauf
wurden die Betriebe auf einen modernen Stand der Technik gebracht.
1. Bei modernem Stand der Technik fällt mir spontan der legendäre „Handschuh
drüber Trick“ ein.
Mit diesem dreisten Kniff beraubten die für den Betrieb Verantwortlichen
die gegen den ekelerregenden Gestank vorgeschriebenen, selbstschließenden Rolltore
ihrer Funktion. Denn auch unter der Regie des Herrn Rethmann
mussten viele Bürger, immer wieder im Sommer, ihre Terrassen und Gärten
fluchtartig wegen des Gestanks verlassen.
2. Vor über fünf Jahren habe ich im Kreistag durch Unterstützung des Landrats Welt
eine Untersuchung der um das Rethmann Gelände liegenden Entnahmestellen
für Trinkwasser auf den Weg bringen können. Kurz vorher war mir auf dem Leusheider
Weg eine Profifirma aufgefallen, die ich am Rennbach an zwei Tagen bei
der Entnahme von Grundwasser beobachtete.
Später erfuhr ich, dass auf diesem Weg das Wasser auf die Anreicherung mit
Chemikalien geprüft und das gesäuberte Wasser in den Rennbach geleitet wurde.
Nach Angaben des Kreises waren die Wasserentnahmestellen
ohne nennenswerten Befund. Wie mir jedoch mittlerweile zugegangene Untersuchungsergebnisse
einer Entnahmestelle zeigen, scheinen die Angaben des Kreises nicht wirklich
offen zu sein.
Tatsächlich wurden Spuren von Tetrachlorethen, Trichlorethen, Dichlormethan,
Trichlormethan, Tetrachlormethan, u.a.m. festgestellt.
Besonders hoch scheint der registrierte Wert von Vinylchlorid zu sein, der vor Jahren
schon ganz knapp unter dem Grenzwert der TVO, der Trinkwasserverordnung gewesen
sein soll. Vinylchlorid ist ein starkes Hirn-, Nerven- und Lebergift
und soll krebsauslösend sein.
Jahrzehnte wurde am Standort Rennbachstraße nach Informationen durch den Oberkreisdirektor
Tetrachlorethen eingesetzt, das auch krebserregend sein soll,
als Extraktionsmittel, als Lösungsmittel eingesetzt. Dieses Mittel ist nahezu identisch mit
der Perchlorethylen oder Per genannten farblosen, nicht brennbaren, leicht flüchtigen
Flüssigkeit. Die Dämpfe sind viel schwerer als Luft und wiegen pro Liter etwas mehr als
1,6 kg.
Es gab dort zwei Tanks. Gemeinsam hatten sie ein Fassungsvermögen von 38 cbm.
Das heißt 38.000 Liter war ein regelmäßiger Bedarf. Gehen wir jährlich von einem nur
doppelt so hohen Bedarf für die Produktion aus, so könnten im Boden, im Grundwasser
unter Rethmann eine Menge von annähernd 1 Million Litern dieser Chlorverbindungen
liegen.
Mehrere Male verloren LKWs der Firma Rethmann Gedärme, Körperinhalte von Tieren
auf den Straßen, nicht nur in Marl. Rethmann versprach: es werden keine Transporte
mehr durch Marl gehen. Unsere Transporte gehen zukünftig über die Autobahn.
In den letzten Jahren sollen jedoch wieder mehrmals Gedärme auf die Straße geschwappt
sein, zuletzt an der Kreuzung Recklinghäuser Straße / Herzlia Alle.
Rethmanns Versprechen findet man also gebrochen, stinkend auf der Straße.
Thema Blähschlamm. In der Kläranlage der TBA entstand Blähschlamm. 1991 fiel auf,
dass der Rennbach wiederholt bis zum Rapphofsmühlenbach in Altendorf-Ulfkotte
Ablagerungen zeigte. Im März 1991 fand die BigGi eine Spezialkonstruktion eines verlängernden
Abflussrohres, welches unter eine große Plastikfolie führte.
Die Firma konnte sich bei der Polizei die Existenz dieser Konstruktion nicht erklären.
Wir hatten den Eindruck, dass auf diese Weise der hohe Ammoniumgehalt aus der Abdeckerei
verheimlicht werden sollte.
An einem Tag gelang es mir mit einem befreundeten Kriminalhauptkommissar einen
vermutlich dieses Produkt in einem großen Tank abholenden Landwirt zu folgen.
Er brachte es nicht, wie vermutet wurde, direkt zum Rapphofsmühlenbach, sondern er
ließ seine Ladung mitten auf einen Acker fließen. Danach ging es wieder zu Rethmann,
vermutlich zum nächsten Transport.
Die Marler SPD forderte, besonders laut in Alt-Marl, dass Rethmann den Standort räumen
muss und auf keinen Fall erweitern darf und in ein Gewerbegebiet muss.
Heute werden wir erleben, was diese Versprechen zum Beispiel von Frau Heinen wert
sind. Marls Entwicklung zum Mülleimer der Nation wird zukünftig weiter gehen.
Die CWH verbrennt seit vielen Jahren Giftmüll in großen Mengen, aber auch der kommt
irgendwo wieder als Staub zurück auf den Boden, geht mit Regenwasser zurück
in den Kreislauf des Wasserplaneten Erde. Reichert den Regen an, der eines Tages auf
unsere Felder fällt.
Die neueste Erweiterung ist die Ansiedlung des Radioaktivität und Quecksilber Spezialisten
Dela. Die Firma zieht aus Essen in unsere Umgebung.
Das höchste Risiko bei der geplanten Neuansiedlung SARIA wird die Sparte
Pharmaprodukte bringen. Vermutlich sollen abgelaufene Arzneimittel verarbeitet und
entgiftet werden.
Hier sage ich das Stichwort Antibiotika, was in den Abwässern der Städte festgestellt
wird, aber auch in jedem Hähnchen sein soll. Guten Appetit können wir nicht sagen,
denn dass was unser Bürgermeister und die Mehrheit dieses Hauses vorhaben,
lehnen wir mit Herz und Verstand ab.
Unsere Kinder brauchen eine andere, eine bessere Zukunft.
Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Zum Abschluss: Die Bürgerliste WiR für Marl wird, da dürfen sie sicher sein,
entschieden Widerstand gegen die nicht nur vom Bürgermeister und Marler Bundestagsabgeordneten
der SPD unterstütze Planung leisten.
Ein von Bürgern gewünschtes juristisches Verfahren wird die Bürgerliste begleiten,
auch mit finanziellen Mitteln. Daran soll es nicht scheitern,
denn wer sich nicht wehrt, der lebt nicht mehr.“