„Die Heiligen Drei Könige setzten Maßstäbe“

Gold, Weihrauch und Myrrhe: Die Heiligen Drei Könige haben mit ihren kostbaren Gaben zur Verehrung des Christuskindes Wissenschaftlern zufolge Maßstäbe gesetzt. „Über Jahrhunderte scheuten die Menschen keine Kosten, um Gott und die Heiligen mit Gaben zu ehren“, erläutert Historiker Prof. Dr. Gerd Althoff vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster vor dem Dreikönigstag am 6. Januar. „Als Gegenleistung für wertvolle irdische Gaben wie Kunstwerke, Kreuze und Kelche erhofften sich die Menschen des Mittelalters, dass Gott ihre Fegefeuer-Zeit verkürze.“

Jeder Mensch stiftete damals nach seinen Möglichkeiten, wie LWL-Kuratorin Dr. Petra Marx ausführt: „Adlige gaben Gold, Bauern spendeten Feldfrüchte. Alle vertrauten darauf, dass Gott die Gaben ins richtige Verhältnis setzte.“ Die Ausstellung „Goldene Pracht“ in Münster wird wertvolle Stiftungen der mittelalterlichen Goldschmiedekunst ab Februar 2012 in großer Zahl präsentieren. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit seinem LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und die Domkammer zeigen gemeinsam mit dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ rund 300 herausragende nationale und internationale Werke wie Kreuze, Schreine und Schmuck.

Umrechnungstabellen für Sündenstrafen

„Die Vorstellung, dass sich das ewige Seelenheil durch irdische Leistungen verdienen lässt, führte im Mittelalter zu einem differenzierten Stiftungswesen“, so Historiker Althoff. Almosen-Spenden für Arme und Stiftungen sakraler Gegenstände galten als wirkungsvolle Mittel zur „Jenseitsvorsorge“, da sie mit Messfeiern und Gebeten für die Stifter belohnt wurden. Althoff: „Es hat im Mittelalter regelrechte Umrechnungstabellen gegeben, aus denen deutlich wurde, wie viel Sündenstrafen Gott für die Messfeiern und Gebete erlässt.“ Bildliche Darstellungen des Jüngsten Gerichts hätten den Gläubigen zudem vor Augen geführt, dass niemand vor Verdammnis sicher war. Selbst Könige, Päpste und Bischöfe ließ der Weltenrichter Christus von Teufeln in die Hölle abführen.

Zuweilen mischten sich religiöse Motive für Schenkungen auch mit weltlichen, wie Marx sagt: „Die Bürger der Stadt Soest etwa stifteten den berühmten Schrein für ihren Stadtpatron Patroklus nicht zuletzt aus Konkurrenz zum städtischen Kloster, dessen Stiftungen sie überbieten wollten.“ Als Stifter goldglänzender Kreuze, Schreine und Statuetten traten in Westfalen nach den Worten der Kuratorin zunächst Könige und Adlige in Erscheinung, im Spätmittelalter auch ein selbstbewusstes Bürgertum. „Aus Frömmigkeit spendeten sie hochwertige sakrale Kunst. Diese sollte auch die Würde des Gottesdienstes erhöhen.“

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