Erklärung zur 37. ordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages

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Frankfurter Erklärung zur
37. ordentlichen Hauptversammlung
des Deutschen Städtetages
vom 23. bis 25. April 2013
in Frankfurt am MainEuropa stärken –für seine Bürgerinnen und Bürger,für seine Städte“

Frankfurter Erklärung:

„Europa stärken – für seine Bürgerinnen und Bürger,

für seine Städte“

1. Europa der Bürgerinnen und Bürger stärken
Das Zusammenwachsen Europas fördert Frieden und Freiheit durch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Diese Grundlagen gilt es weiterzuentwickeln und zu schützen. Dabei kommt den Städten
eine Schlüsselrolle zu. Die Städte schaffen und praktizieren Bürgernähe, sie sind den Menschen am
nächsten. Durch Partnerschaft mit der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten setzen sie erfolgreich
europäische und nationale Politik um. Sie ermöglichen Integration und Identifikation. Sie
fordern und fördern die Gleichberechtigung von Frauen und Männern.
Dafür brauchen die Städte auf europäischer Ebene klare Rechte und Kompetenzen – wie im Vertrag
von Lissabon verankert.
2. Europäische Integration ermöglichen – Integration in Europa fördern
Die europäische Integration zielt auf die Erweiterung der Mitgliedschaft europäischer Staaten ab.
Die jüngsten Mitgliedstaaten unterscheiden sich in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, in ihren Arbeitsmärkten,
in ihren Sozialstrukturen und dem Lebensstandard ihrer Bewohner zum Teil sehr
deutlich von den älteren europäischen Mitgliedstaaten. Teilweise stehen sie vor besonderen Herausforderungen
der Integration innerhalb ihrer Gesellschaften. Diese Herausforderungen sind weder
durch Armutswanderungen innerhalb Europas noch durch Beschränkungen der für das vereinte Europa
konstitutionellen Freizügigkeit zu lösen. Die Auswirkungen der Armutswanderungen in der
Europäischen Union sind besonders und konzentriert in Städten zu spüren, die jedoch mit ihren Mitteln
das Problem nicht lösen können und Unterstützung von Bund, Ländern und der Union
benötigen.
Integration im eigenen Land wie auch die Organisation der sozialen Sicherung sind und bleiben
Aufgaben in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Deren Integration aber in die europäische Gemeinschaft
macht es gleichermaßen erforderlich wie möglich, sie mit Mitteln und Initiativen der
Europäischen Union, durch Partnerschaft zwischen den EU-Mitgliedstaaten und mit Partnerschaft
zwischen den Kommunen verschiedener Mitgliedstaaten in diesen Prozessen zu unterstützen. Wir
schlagen vor, innerhalb des Deutschen Städtetages eine auch auf diese Unterstützung ausgerichtete
Städtepartnerschaftsinitiative und einen von der Europäischen Union geförderten Jugendaustausch
zu starten.
3. Leistungen kommunaler Daseinsvorsorge sicherstellen
Ausdruck des Subsidiaritätsgedankens ist es, Leistungen kommunaler Daseinsvorsorge als wesentliches
Element kommunaler Selbstverwaltung in Deutschland keinen unnötigen Beschränkungen zu
unterwerfen. Die Kommunen stellen mit ihren verlässlichen und allgemein zugänglichen Leistungen
der Daseinsvorsorge, beispielsweise einen hervorragend funktionierenden öffentlichen
Nahverkehr bereit, sichern die Wasserversorgung und das Sparkassenwesen und ermöglichen allen
Menschen gleichen Zugang zu Bildung sowie zu sozialen oder kulturellen Einrichtungen. Die Bürgerinnen
und Bürger vertrauen darauf, dass die Steuerung und Kontrolle dieser grundlegenden
Leistungen durch demokratisch legitimierte kommunale Vertretungskörperschaften erfolgt. Die
Städte müssen zum Beispiel auch in Zukunft die Möglichkeit haben, die Wasserwirtschaft unabhängig
von ihrer Rechtsform in kommunaler Hand zu behalten, um eine hochwertige
Trinkwasserversorgung zu sichern. Die Privilegierung der kommunalen Daseinsvorsorge, wie im
Vertrag von Lissabon festgeschrieben, ist auch im grenzüberschreitenden Wettbewerb zu beachten.
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4. Die Europäische Stadt gestalten
Die Europäische Stadt ist Motor gesellschaftlicher Entwicklung, führt die verschiedenen Funktionen
von Wohnen, Arbeiten, Handel, Bildung, Kultur und Freizeit zusammen und verringert die
Bedeutung von Einkommens-, Alters- und Migrationsunterschieden. Kommunale Strategien zur
ganzheitlichen Entwicklung städtischer Räume müssen befördert werden. Für den Erfolg von Strategien,
Planungen und Bauvorhaben spielt die Teilhabe der Stadtbevölkerung eine zentrale Rolle.
Bei der Neuausrichtung der Strukturpolitik der Europäischen Union sollte die städtische Dimension
deutlich gestärkt werden. Dies sollte sich auch in den operationellen Programmen der Bundesländer
in der neuen Förderperiode zur Strukturpolitik wiederfinden. Programme wie „Soziale Stadt“ sind
unverzichtbar, um die Städte bei ihrer Integrationsleistung und dem Ausgleichen ungleicher Entwicklungsbedingungen
wirksam zu unterstützen. Ein demokratisches Europa mit einem
langfristigen und stabilen Wirtschaftswachstum wird nur möglich sein, wenn die Städte als Ganzes
sozial ausgeglichen und stabil bleiben.
5. Finanzkraft der Städte sichern
In der Staatsschuldenkrise leistet Deutschland einen besonders wichtigen Beitrag zur Stabilität in
Europa. Es ist deshalb notwendig, Stabilität im Innern Deutschlands sicherzustellen. Dazu gehört
auch eine solide Finanzausstattung der Kommunen. Die Städte können ihre vielfältigen Aufgaben
nur erfüllen, wenn ihre Finanzierung dauerhaft gesichert ist. Obwohl die Gesamtheit der Kommunen
im Jahr 2012 Überschüsse erzielt hat, können die Kommunen die notwendigen
Investitionsbedarfe nicht erfüllen. Die kommunalen Haushalte in Deutschland haben sich grundlegend
verändert. Aus Investitionshaushalten wurden über die Jahre Sozialhaushalte. Hauptursache
sind stetig wachsende Ausgaben für soziale Leistungen, die mit nahezu 45 Milliarden Euro im Jahr
2012 knapp ein Viertel der kommunalen Ausgaben betrugen.
Die europäische Schuldenkrise, die Vorgaben aus dem Fiskalpakt und der Schuldenbremse zur
Haushaltsdisziplin stellen alle staatlichen Ebenen vor große Herausforderungen. Die Kommunen
achten seit langem in ihren Haushalten auf Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Konsolidierung aber
hat Grenzen. Durch sie darf der Erhalt der Stadt als Stadt nicht in Frage gestellt werden. Vor allem
dürfen die Länder ihre Defizite nicht in die völlig überlasteten Kommunalhaushalte auslagern. Konsolidierung
kann nur dann gelingen und Akzeptanz in der Bevölkerung finden, wenn sie mit der
Frage verknüpft wird, welche öffentlichen Leistungen sich die Gesellschaft leisten will. Für diese
muss dann auch die Frage der Finanzierung geklärt werden.
6. Kommunale Selbstverwaltung schützen – Kommunen einbeziehen
Kommunale Selbstverwaltung und das Subsidiaritätsprinzip sind auch bei fortschreitender europäischer
Integration besonders zu schützen. Europaweit einheitliche Lösungen sollten tatsächlich auf
das Notwendige beschränkt werden, damit lokales Handeln möglichst oft Vorrang hat. Bund und
Länder müssen der kommunalen Dimension der Europäischen Union und ihrer primären Integrationsverantwortung
gerecht werden. Die Kommunen müssen als gleichberechtigte Partner am
Prozess der europäischen Einigung mitwirken und bei der Formulierung und Umsetzung europäischer
Politik einbezogen werden. Bund und Länder sind aufgefordert, kommunale Anliegen
wirkungsvoll gegenüber den europäischen Institutionen zu vertreten. Dazu zählt auch eine verstärkte
und ernstzunehmende institutionelle Einbindung, insbesondere eine stärkere Rolle der
Kommunen im Ausschuss der Regionen.
Die Europäische Union kann ihre Bürgerinnen und Bürger nur erreichen, wenn sie die Kommunen
als demokratische, bürgernahe Ebene einbezieht. Die deutschen Städte stehen als Partner bereit.

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