Holzsandale steht für Zwangsarbeiter-Schicksal


Vorbereitungen für internationale Wanderausstellung laufen
Holz, Lederreste und ein paar Nägel – daraus besteht die Sandale eines Zwangsarbeiters, der 1944 beim Bau eines Bunkers in Oberhausen eingesetzt war. Wie er hieß, weiß niemand, auch seine Herkunft ist unbekannt. Fest steht, dass er sein Schicksal mit 20 Millionen Menschen teilte, die in Deutschland und den besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkriegs als Fremdarbeiter, Kriegsgefangene oder KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisteten. Ihre Geschichte erzählt ab 18. März eine internationale Wanderausstellung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Gedenkstätte Steinwache der Stadt Dortmund zeigen „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“ ab 18. März 2012 im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern – im Zweiten Weltkrieg selbst ein Ort, an dem Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. „Wir sind sehr stolz, dass wir diese hochrangige Ausstellung nach Dortmund holen konnten“, erklärt Museumsleiterin Dr. Ulrike Gilhaus.

Im Zuge der Vorbereitung der Schau erreichte das Museumsteam eine Mail und kurz darauf ein Päckchen aus Oberhausen. Darin lagen die Überreste der Sandale, die zur Zeit auf Zollern restauriert wird und einen Platz in der Dauerausstellung des LWL-Industriemuseums bekommen soll. Hubert Filiarsky hat die Geschichte seines Fundes gleich mitgeliefert. Er erwarb vor vielen Jahren ein altes Haus, auf dessen Grundstück 1944 ein Luftschutzbunker errichtet wurde.

Der massive Betonbau mit den Maßen 12 mal 5 Meter steht bis heute am Rande seines Gartens. Beim Umgraben stieß Hubert Filiarsky am Sockel des Bunkers auf das seltsame Relikt. Woher die Sandale stammt, erfuhr der Oberhausener von den beiden hochbetagten Töchtern des Bäckers Oppenberg, dem das Grundstück seinerzeit gehörte. „Sie hatten beobachtet, wie sich die Zwangsarbeiter während ihrer knappen Pausen solche Sandalen aus Holz und Lederresten von alten militärischen Kochgeschirr selbst bastelten“, erklärt Filiarsky. Und die Zeitzeuginnen wussten auch zu berichten, dass es den Arbeitern auf der Baustelle zumindest für kurze Zeit vergleichsweise gut ging: „Die acht Töchter des Bäckers und Kolonialwarenhändlers steckten den ausgezehrten Männer wohl immer wieder Lebensmittel zu.“

„Für uns sind solche Geschichten sehr wertvoll“, berichtet Dr. Anne Kugler-Mühlhofer vom LWL-Industriemuseum. Die Historikerin recherchiert seit drei Jahren in Archiven, um die Geschichte von Zwangsarbeitern auf der Zeche Zollern und in der Region aufzuspüren. „Einiges haben wir herausgefunden und werden dies auch im Rahmen der Sonderausstellung erstmals präsentieren“, kündigt die Historikerin an. Sie ist vor allem noch an persönlichen Erinnerungen interessiert und sucht Zeitzeugen, die Kontakt zu Fremd- oder Zwangsarbeitern hatten, etwas über deren Lebensumstände oder den Umgang mit ihnen sagen können. „Gerade in den ersten Kriegsjahren lebten zum Beispiel die sogenannten ‚Westarbeiter‘ mitten unter der Bevölkerung und konnten sich anders als die späteren Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion freier bewegen“, erklärt Kugler-Mühlhofer weiter. So waren Belgier, Holländer und Franzosen im ehemaligen Gasthaus „Husky“ an der Merklinder Straße in unmittelbarer Nachbarschaft der Zeche Zollern untergebracht.

Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg
Internationale Wanderausstellung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, initiiert und gefördert von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ)
18. März bis 30. September 2012
LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5, 44388 Dortmund
http://www.ausstellung-zwangsarbeit.lwl.org

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